Camilla Sten: Ein gefährliches Talent – Ist Talent erblich?

Ja … der Name „Sten“ ist hier kein Zufall. Camilla Sten ist die Tochter von Viveca Sten, die seit Jahren für spannende Schwedenkrimis steht – wenn auch mit schwankenden Qualitäten, wie wir in den vergangenen Jahren immer wieder feststellen mussten.

Ihre Tochter, mittlerweile über 30, studierte Psychologin und Autorin, hat es sicher satt, mit ihrer Mutter verglichen zu werden. Dennoch: Der Vergleich liegt hier in einigen Momenten nahe. In anderen auch nicht. Und das ist auch gut so.

Setting & Story

Rebecca Lekmann, eine forensische Psychologin, die weit gereist ist, kehrt nach vielen Jahren wieder in ihre Heimatstadt Djursholm zurück, um sich dort um ihre kranke Mutter zu kümmern. Dafür lässt sie Gattin und Karriereperspektive in den Staaten zurück. Sie stolpert in einen Fall rund um ihre alte Freundin Louise, an dem sie nicht arbeiten darf und sich dennoch immer tiefer hineinschraubt.

Klingt nicht so recht nach Thriller? Vielleicht, weil das Buch den Namen auch nicht verdient. Ganz sicher nicht bis zur Hälfte – im Anschluss schon, aber auch nicht gerade mit fliegenden Fahnen. „Krimi“ trifft es eher. Und selbst dafür sind speziell die ersten 130 Seiten für unseren Geschmack zu kuschelig.

Die Story, die sich dann entblättert, ist okay, aber leider auch nicht mehr. Die gute Nachricht: Das kann sie besser. Die Schlechte: Nicht hier.

Sprache und Spannung

Schwankend. Und das ist vermutlich nicht ausschließlich die Schuld der Autorin. Auch die Übersetzung hat hier ihren Anteil. Nicht alles ist ganz treffend übersetzt – und wirklich anstrengend sind die Passagen, in denen die studierte Psychologin uns spüren lässt, dass sie einfach mehr Ahnung von Psychologie hat als die begabte Durchschnittsleserin.

Kann man machen, wirkt hier aber bisweilen arrogant und beeindruckt eben auch nicht. Da werden dann mal ein paar (wirklich) lange Sätze hintereinander geklatscht, die mit Fachbegriffen voll geballert sind, dass es nur so raucht. Die werden aber auch nicht erläutert.

So beeindruckt Wissen nicht, weil es nicht vermittelt wird, sondern eher als Stolperfalle für den Leser dasteht, der damit allein gelassen wird. Würde die Autorin hier aufklären, könnte man etwas lernen. Aber weit wichtiger: Es wäre dann auch spannender.

Ebenso anstrengend und der Spannung nicht zuträglich: Die Autorin hat eine Neigung zu langen Schachtelsätzen und verbindet dabei oft – ohne Not – zwei Hauptsätze per Komma zu einem langen Satz. Warum eigentlich? Beim Lesen ist das oft unnötig anstrengend und auch nur schwer nachvollziehbar.

Fazit

Schwächer als andere Bücher der Autorin und ohne Herz übersetzt – keine gute Kombination, auch wenn die grundlegende Crime-Story handwerklich vollkommen in Ordnung ist. Aber eben auch nicht mehr. 52 Punkte.