Verfilmt – Under the Bridge. Wird das dem Buch gerecht?

„Torn Skirt“ war ein klassischer Überraschungserfolg. Es war das erste Buch der auffällig begabten Rebecca Godfrey, aus der im Grunde nichts anderes werden konnte: Sie wuchs in einer Familie auf, in der beide Eltern der Schriftstellerei nachgingen. Und so wundert es vielleicht nicht, dass ihr zweites Buch „Under the Bridge“ von 2005 gleich der nächste Überraschungserfolg wurde, neben dem der großartige Text „Torn Skirt“ noch wie eine Fingerübung wirkt.

Die akribische Genauigkeit, die detailliert beschreibt, ohne zu langweilen oder pedantisch zu wirken, ähnelt – wenn man nach einem Vergleich sucht – sicherlich noch am ehesten den Werken von David Simon und Ed Burns, die mit „The Corner“ und dann mit dem legendären „The Wire“ zeigten, wie spannend die Realität ist, wenn man sie richtig zu beobachten weis.

Hauptdarstellerinnen, die den Namen verdienen. Jede Einzelne könnte eine solche Handlung tragen – beide zusammen verleihen der Min-Serie Größe und ergänzen sich fantastisch

Rasch nach dem Erscheinen des Buches ging das Geschachere um die Filmrechte an dem True-Crime-Drama los. Aber ebenso schnell wurde allen, die das Buch auf die große Leinwand bringen wollten, klar, dass man dem Buch und 90 oder 110 Minuten unmöglich gerecht werden konnte.

Die Komplexität der Handlung, die in erster Linie auf den komplexen Figuren und deren multiplen Begegnungen und in Beziehungen in einer Kleinstadt beruht, lässt sich in diesem Format nicht erzählen.

Die Verfasserin schien rasch als Einzige ausgemacht worden zu sein, die die Handlung in eine greifbare Serie übertragen könnte. Rebecca Godfrey verstarb vor der Verfilmung an Lungenkrebs – hatte aber zuvor über 2 Jahre in eine Screen-Adaption gearbeitet, die sie gemeinsam mit Quinn Shephard beinahe noch fertigstellen konnte.

Und das spürt man. Die Verfilmung von „Under the Bridge“ ist einer der Adaptionen, die dem Buch nicht nur „irgendwie so ein bisschen“ gerecht wird – es ist im Grunde ein eigenes Kunstwerk, das das Buch in ein anderes Medium überträgt und dabei kompatibel macht.

Großartig: Die beiden komplexen Hauptfiguren, die in der Serie durch Riley Keough, Lily Gladstone porträtiert werden und mehr Gewicht haben als in der Romanvorlage. Und das tut der Umsetzung gut. Selbst in Nebenrollen kommen hier Schauspieler zum Einsatz, die in dieser Mini-Serie von 8 Folegn ihr Bestes geben und oftmals eine der größten Leistungen ihrer Karriere abliefern. Riley Keough ist sicherlich eine  – aber auch die routinierte Archana „Archie“ Panjabi (The Fall, Shetland, The Good Wife), die eine höchst undankbare Rolle hat (die allerdings gegenüber dem Buch ein wenig abgeschliffen wurde), zeigt hier eine der Höchstleistungen ihrer Karriere, während leider Chloe Guidry wirkt, als hätte sie ihre Rolle nicht verstanden.

Die Serie zieht einen tatsächlich in ihren Bann, wie man es nur selten findet. Die Ebenen der Teenager, der Erwachsenen und der beiden „Ermittlerinnen“, von denen eine ein Buch schreibt (Die Figur der Autorin selbst) haben jeweils ihre eigene Berechtigung. Hier gibt es keine Rolle, die nur Stichwortgeber ist und keinen Handlungsstrang, der nur für schöne Bilder geschrieben wurde.

Eine echte Ausnahmeerscheinung, wie man sie in der immer kostengetriebeneren Serien- und Streaminglandschaft viel zu selten findet.

Zu finden ist das Ganze auf Disney+ – portioniert in 8 Happen zu je 45 Minuten in brillanter Bildqualität und Komposition, garniert mit einem intelligent gewählten Soundtrack (sogar mit handverlesenen Ausnahmestücken von „THE CURE“), starker visueller Umsetzung und Spannung bis zuletzt.

Geheimes Highlight: der stets unterschätzte Matt Craven als Polizeichef.

Fazit: Großartiges Serien-Juwel: 96 Punkte