Arne Dahl: Opferzahl – Arne Dahl auf Autopilot?

Opferzahl ist Band 9 der Arne Dahl-Reihe rund um die A-Gruppe. Und damit ist das Buch Teil einer der erfolgreichsten Krimi-Serien dieser Erde, die nach Sjöwall / Wahlöö und Henning Mankell die moderne Ausprägung dieses Genres ebenso maßgeblich mitgeprägt hat wie sonst vielleicht nur doch die Bücher von Hakan Nesser und Stieg Larsson.

Lohnt es sich da, heute wieder mal einen Blick drauf zu werfen? Kann die Qualität bei so einer Serie gleichbleibend hoch liegen?

Das Setting

Ein Anschlag auf die U-Bahn wirkt zunächst wie ein klassisches Selbstmordattentat eines islamischen Täters. Aber dann wird klar: Hier könnte mehr passiert sein.

Oder nicht? Oder doch?
Die Ermittlung in diesem Fall verläuft lange Zeit sehr geradlinig und hält den Leser bei der Stange. Das Verweben der Ermittler mit dem Fall selbst erscheint zunächst distanziert, wächst dann aber. Arne Dahl ist ein Schriftsteller, der weiß, was er tut – und Band 9 liefert ihm so viel Background aus den vorhergehenden Fällen, dass er hier jonglieren kann, wie man das nur selten findet. Trotzdem könnte man das Buch auch mühelos ohne die vorhergehenden lesen.

Es macht dann nur vermutlich nicht so viel Spaß.

Ähnlich wie Nesser, hat auch Arne Dahl die Figuren gedeihen lassen – und das zahlt sich jetzt aus.

Sprache und Spannung

Wie in dem Genre oft üblich: Auch Arne Dahl ist kein Metaphern-Akrobat. Die Sprache ist oft ruhig und sachlich, mal lakonisch, dann selten auch mal zynisch, was in den Wurzeln des Genres steckt. So auch hier. Dennoch ist das Leseerlebnis brillant. Die Lässigkeit, mit der Autor (und Übersetzer) Figuren charakterisieren, Szene beschreiben, kommt ohne viele Worte aus.

Der Fall wirkt hier diesmal, als sei er unterkommplex – gemessen an Fällen wie dem etwa aus „Misterioso“, dem ersten Band der Reihe. Aber das täuscht. Während sich der Fall ausdehnt und dann doch weitere Kreise zieht, finden die Personen der alten A-Gruppe in mehrfacher Hinsicht auch wieder zu dem zusammen, was sie einst ausgemacht hat.

Das tut der Geschichte gut und trägt weit. Leider gestattet der Autor sich am Ende dann einen vollkommen unmotivierten Ausflug (ohne hier zu sehr zu spoilern), weil er sich vermutlich in die äußerst einmalige Geographie der Location verlebt hat. Der Weg dahin ist nicht nachvollziehbar, der Ortswechsel ebenso unnötig wie schwer aus der Geschichte abzuleiten. Hier stolpert Arne Dahl über seine eigenen Füße. Und das völlig unnötigerweise. Die Geschichte wirkt am Ende aufgebläht, hat dadurch sogar einen (winzigen) logischen Bruch und erhält dadurch einen faden Beigeschmack, was Schade ist.

Fazit

Selbst mit den kleinen Schwächen ist Arne Dahl den meisten Kollegen immer noch überlegen. Hier eben nicht haushoch wie sonst oft: 76 Punkte.