Andreas Föhr “Wolfsschlucht”: Liebenswerte Qualität in Folge, genial komponiert

Kaum einer der Autoren, die im Bajuwarischen morden, hat es auf ein so solides Setting gebracht wie Andreas Föhr, der und diesmal zusammen mit den mittlerweile alten Bekannten Wallner und Kreuthner in die Wolfsschlucht führt.

wolfsschlucht_cover“Leichen-Leo” Kreuthner, der Streifenpolizist, der mit Wallner seit über 20 Jahren eine unselige Einheit bildet, ist auch diesmal wieder ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, Leichen im Einsatzraum der beiden aufzufinden – für einen kurzen Moment glaubt Kreuthner diesmal sogar, dass er “versehentlich”, wie Leo oftmals ist, selbst einen Mord auf dem Gewissen hat.

Aber hier greift die Logik des Andreas Föhr auch bei “Wolfsschlucht” wieder, denn es ist klar, dass er soweit nicht gehen würde mit seinen beiden Helden. Hier haben die Romane von Föhr etwas beinahe Volksschauspiel-haftes – und zwar im besten Sinne. Nicht wie ein Schwank, aber eben verlässlich. Und einen gewissen Hang zu Komik wohnt hier Situationen und Figuren inne – allen voran Leo Kreuthner, den Föhr wirklich lieben muss.

Wolfsschlucht – das Setting

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a rigig’s Plätzle? Nix da – an der Mangfallmühle wird nicht nur gesoffen und anschließend mit dem Wagen heim gefahren – hier werden auch Leute makaberen Scherzen ausgesetzt und von unerwarteter Seite ermodert

2 Kriminalfälle, subtil ineinander verwoben, bilden das Gerüst zu “Wolfsschlucht”, das auch diesmal wieder in besonderer Art und Weise mit den Hauptdarstellern verwoben ist. Wallners Vater hat eine eigenartige Beziehung zu einer der Hauptdarstellerinnen – der “Hex”, zu der sich auch Waldner aus verschiedenen Grünen hingezogen fühlt. Das Rückgrat des Falles bildet eine Entführung – jedoch ohne eine Lösegeldforderung oder ähnliches – und ohne die Hartnäckigkeit, die wir von Wallner nun schon aus 5 Büchern kennen, käme nichts zutage – kein Betrug, keine familiären Verbindungen, schlimmste Sünden in der Vergangenheit und ein spannendes Netzwerk aus familieninternen Lügen, die schließlich zu einem Mord führen.

Andreas Föhr nimmt uns dabei diesmal auf eine Reise mit, die spannender ist, heftiger teilweise als die vorhergehenden Bücher. vor allem der Strang der jungen entführten Frau ist teilweise gröber und fordernder. Der Leser ist an ein paar Stellen schier froh, dass Originale wie Kreuthner und Schartauer (den Föhr diesmal etwas erwachsener werden lässt) die Szenerie wieder mit gewohnter zotiger Schrulligkeit entspannen. Garniert ist die wirklich spannend verwobene Geschichte dabei auch wieder mit den schon bekannten Nebendarstellern aus der Mangfallmühle, Originalen wie dem Lintinger Harry und anderen alten Bekannten, ohne die hier am Tegernsee kein komplexer Mord ermittelt werden kann.

Wolfsschlucht – Sprache & Spannung

Handwerklich solide und flüssig zu lesen, so führt uns Andreas Föhr durch den sechsten Fall – zeichnet dabei aber diesmal die Charaktere ein wenig neu und schmückt sie mit anderen Details aus. Wallner Vater wird erwartbar älter, Wallner selbst noch etwas verschlossener und nachdenklicher als schon in den letzten Romanen. Leo Kreuthner, heimlicher Hauptdarsteller der Serie, tritt hingegen ein wenig in den Hintergrund, spielt seine Rolle diesmal etwas zurückgenommener. Schwarze Piste oder Totensonntag sind da vergleichsweise leichtfüßiger, witziger, komödiantischer – der neue Fall ist fokussierter auf den komplizierteren Krimi und glänzt nicht mehr mit soviel Lokalkolorit und Folklore wie einige der Vorgänger.wolfsschlucht

das macht das Buch nicht schlechter, das macht es nur anders und auch nicht so, dass sich Fans von Andreas Föhr enttäuscht sehen werden – Wolfsschlucht ist ein solider Krimi mit einer fein durchdachten Story. Am Ende gestattet sich Föhr einen Ausflug in Wallners Familiengeschichte, der den meisten weniger begabten Autoren nicht gelungen wäre und wenn, dann kaum glaubhaft. Andreas Föhr gelingt der Ausflug. Und er ist glaubhaft und stärkt die Hauptfiguren.

Eigenartig verborgen bleibt dem Leser jedoch, warum sich Wallners Frau und Tochter aus dem gemeinsamen Leben verabschiedet haben. Das dürfte bei echten Fans einen komischen Nachgeschmack hinterlassen – denn hier benimmt sich der Autor wie seine Hauptfigur selbst: verschlossen.

Wolfsschlucht – Fazit

92 Punkte
Andreas Föhrs Wolfsschlucht ist ein ausgezeichneter Krimi mit knapp und gewohnt scharf und präzise gezeichneten Figuren, sprachlich top und auf alle Fälle wieder einmal lesenswert. Die Paarung aus erwartbaren Handlungen der bekannten Figuren und unerwarteten Wendungen der Geschichte übt erneut den speziellen Reiz aus, der bislang allen Geschichten von Andreas Föhr innewohnte – und wieder einmal wartet auf den Leser ein spannender Fall, der sich zögerlich, stufenweise und unerwartet – aber dennoch glaubhaft entblättert und bis zur letzten Seite fesselt, Das Buch hat absolut keinerlei Längen über seine knapp 400 Seiten und reiht sich damit verlässlich in die vorhegenden Bücher von Andreas Föhr ein. Wolfsschlucht hat unsere volle Empfehlung – das kleine Minus gibt es für die mangelnde Nahbarkeit Wallners und den etwas geringeren Kreuthner-Anteil. Beides jedoch fällt nur echten Stammlesern auf.