Klüpfel/Kobr “Grimmbart”: Kluftinger in Adelskreisen – Elefant im Porzellanladen?

Der neue Kluftinger, “Grimmbart”, immerhin auch schon der 8. seit 2003, was die Autoren als solide fleißige Wiederholungstäter auszeichnet, ist gebettet in die Hochzeit von Kluftingers Sohn, dem damit zusammenhängenden Besuch der Eltern seiner werdenden Schwiegertochter und einem Kluftinger, der gewohnt komödiantisch in Adelskreisen umhertappt, in denen diesmal der Mord angesiedelt ist- Wir erleben hier einen neuen Kluftinger, einen, der sich von kindlichen Ängsten umtreiben lässt – aber eben Kluftinger ist und das dem Leser gegenüber zugibt. Das macht Kluftinger als Charakter wohl so ungemein sympathisch.

Grimmbart – das Setting

Das Schloss zu Bad Grönbach
Das Schloss zu Bad Grönbach

Ein schauriger Mord in einem Schloss, ein adeliger Hinterbliebener – von Beginn an ahnt man, dass Kluftinger, der in diesem Fall ermittelt, da nicht so gut reinpassen wird. Wer ihn nicht kennt: Kluftinger ist stets etwas zauselig. Ein cleverer Typ zwar, aber eben nicht auf dem Parkett zuhause, sondern eher sehr bodenständig, neuen Dingen gegenüber nicht offen – und immer wieder bringt ihn das in Situationen, deren komödiantischer Charakter Legendenstatus ist und mittlerweile (wenn auch nicht durchgängig treffend) ja sogar verfilmt wurde.

Seit tiefes Misstrauen gegen das Unbekannte, das an Ignoranz grenzt, die nur von seinem Ermittlungswillen im Zaum gehalten wird, bringt ihn auch bei Grimmbart, unter den Adligen in einem kalten, unbezahlbaren Schloss, wieder in so mancherlei komische Situation.

Diesmal jedoch muss man sagen, haben es die Autoren damit erstmals ein wenig übertrieben – da biegt es sich nicht mehr, da bricht es teilweise. Das liegt einerseits daran, dass der eigentlich Fall im Grunde wenig Substanz hat. Im Gegensatz zu den anderen Kluftinger-Romanen hat man hier das gefühl, dass der Fall für eine Kurzgeschichte gereicht hätte. Auch die Seitenwege, in denen ermittelt wird, sind uninteressant – hier ein erwischtes Paar Ehebrecher, von denen man gleich ahnt: hier wollen Dich die Autoren nur in die Irre führen.

Andererseits wird der eigentliche Fall noch weit mehr überschattet von der Hochzeit von Kluftingers Sohn. Die japanischen Eltern seiner Verlobten ziehen für eine Woche bei Kluftingers ein – und hier kippt die Geschichte dann endgültig, weil das Thema sich nicht nur in den Vordergrund drängt, sondern eben auch nicht mehr von dem sonst so feinsilbigen Humor und dem Sinn für Peinlichkeiten gezeichnet ist, sondern eher von Banalitäten und Flachheiten, die dem bisherigen Werk nicht würdig sind.

Der Fall kommt dann neben Japan-Witzen einfach zu kurz und man spürt, dass das Autoren-Team sich diesmal eigentlich ganz der Veränderung in Kluftingers Familie widmen wollte.

Grimmbart – Sprache und Spannung

Der Grimmbart. Kluftinger braucht lange, ehe ihm dämmert, um wen es sich da eigentlich handelt
Der Grimmbart. Kluftinger braucht lange, ehe ihm dämmert, um wen es sich da eigentlich handelt

Sprachlich sind Kobr und Klüpfel wie immer präzise, darstellerisch solide, handwerklich sauber und hauchen allen Figuren soviel Leben ein, dass man sie glaubt. Das schwächelt einzig bei der Darstellung der neuen Vorgesetzten, die einfach zu sehr von Klischees überladen ist und auch in ihrer Rolle zu blass bleibt, als dass sie den genial komponierten Vorgänger ersetzen könnte. Immerhin bringt sie das Team dazu, endlich die lange überfällige Schießübung durchzuführen – und das ist dann wieder ein großer Moment, wie man ihn so wirklich nur in einem Kluftinger-Roman findet. Richtig cool.

Leider ist dies eines der wenigen Highlights der eigentlichen Geschichte, die, wie gesagt, hinter dem Privatleben Kluftingers diesmal so weit in den Hintergrund tritt, dass man teilweise kaum noch von einem Krimi reden kann und bis zu 30 Seiten komplett von einer Krimi-Handlung weggeführt wir – so ausgiebig. dass es irgendwann nervt. Der Rest des Falles wirkt vielleicht auch dadurch an den Haaren herbeigezogen, dass man den Faden der Krimi-Handlung zeitweise so weit aus den Augen verliert. Alles in allem haben wir das von diesem Autorenteam schon weit weit besser gesehen.

grimmbartGrimmbart – Fazit

62 Punkte
Wir finden nach Lektüre aller Kluftinger Romane, dass es sich beim Grimmbart um den bislang schwächsten Kluftinger von allen handelt – und zwar so, dass es beinahe schon ärgerlich ist. Im Grunde könnte es sich hier um einen spannenden Fall handeln, der jedoch leider hinter Kluftinger als Person, seiner Familie, und den am Ende nur noch ermüdenden Japan-Verwicklungen mit der Familie der Schwiegertochter einfach zu weit in den Hintergrund tritt. Der eigentliche Fall schwächelt. Und gerettet wird er nur durch die liebevollen Kluftinger-Momente, die allerdings zu rar sind.