Barbara Wendelken: Schuldige müssen sterben – exotische letzte Fingerübung

Setting

Wie später auch Berbertod von Barbara Wendelken, spielt “Schuldige müssen sterben” bei den “normalen Leuten” – Menschen, die mit Geldsorgen zu kämpfen haben, denen aus den verschiedensten Gründen an Anerkennung mangelt. Solche, die es schwer haben, kann Barbara Wendelken porträtieren – das zeigt sie vor allem auch später in Bärbertod – im hier vorliegenden Buch jedoch verliert sie sich darin, verästelt sich in Erzählungen von Nebensträngen, die ablenken und vom eigentlichen Setting, einem Mord durch Brandstiftung, so weit ablenken, dass man sich am Ende wundert, dass die Themen noch zusammenfinden. Sprachlich ist das eher aufgeblasen, sperrig und eben auch im schlechten Sinne des Wortes langatmig, um nicht langweilig zu sagen.

Denn für langweilig ist das ganze am Ende doch wieder einmal zu verstrickt aufgebaut. Das ist alles noch schwächer als in Barbara Wendelkens späteren Romanen, kommt aber schon ganz gut zur Geltung. Barbara Wendelken ist eine ausgezeichnete Artistin der verstrickten Verbindung zu Versatzstücken der Vergangenheit – damit kommt sie technisch gesehen jederzeit an Mankells Highlight im Stil von Mörder ohne Gesicht heran – hier jedoch verbirgt sie es noch in zu verschwommener Sprache, zu unklarer Zeichnung der Menschen, zu wenig Stringenz in der Erzählung – schade.

Sprache und Spannung in “Schuldige müssen sterben”

Verkastelt, verquast, nicht zielgerichtet – und zudem schwankend – so fühlt sich die Sprache in dem vorliegenden Krimi an. Schuldige müssen sterben war kein großer Erfolg und findet sich heute nur noch in Antiquariaten – und man ahnt warum. Es ist eine Fingerübung, die irgendwie unfertig ist – eine Art Demo-Tape, nur eben veröffentlicht.

Ui... hier spürt man die Zielgruppe Bahnhofsbuchhandlung - die wird Barbara Wendelken alles andere als gerecht. Es gibt eine frühere Auflage, die seriöser wirkt
Ui… hier spürt man die Zielgruppe Bahnhofsbuchhandlung – die wird Barbara Wendelken alles andere als gerecht. Es gibt eine frühere Auflage, die seriöser wirkt

Die Spannung ist da, verliert sich aber in der Erzählform – 50-80 Seiten weniger (Bei knapp 300 Seiten) wären hier vermutlich besser gewesen für die Spannung und das gesamthafte Werk. Da wird Nebensträngen nachgelaufen, die irrelevant sind, genauso viel Kraft in Nebenstränge investiert wie in den eigentlichen Hauptteil – und dabei bleiben Sprache und Spannung leider auf der Strecke – und das bei einem an sich klug komponierten und clever angelegten Fall.

Fazit “Schuldige müssen sterben”

Wir halten Barbara Wendelken, die ab 2009 vier unfassbar gute Krimi-Volltreffer gelandet hat und permanent sehr sehr gute Kurzgeschichten veröffentlicht, für eine der besten Deutschsprachigen Krimi-Autorinnen und freuen uns auf ihr neues Buch. Ihr 1997er Krimi schafft es jedoch noch nicht. Sprachlich zu langweilig, die Figuren unscharf, die Geschichte okay, aber eben alles in allem eigenartig lahm geschrieben. Das kann Barbara Wendelken entschieden besser.

Interessant zu sehen: Wie auch später in Bärbertod von 2009 sind bereits hier die wichtigsten Rollen, die uns in den neueren Büchern endlich permanent begleiten dürfen, schon angelegt. Die Junge Kommissarin, der knurrige Chef, dem es an Feinfühligkeit mangelt – all das sind Zeichen einer Fingerübung, die man allenfalls der Vollständigkeit halber lesen muss.

In Summe: 52 Punkte