Heidi Gebhardt: Die Herberge im Wald – Taunuskrimi mal in anders

Wir bekennen: Krimis mit Hobby-Ermittlern sind nicht immer unser Ding – Dennoch: Tanta Frieda geht okay – schon allein, weil Heidi Gebhardt die beiden “freien” Ermittlerinnen immer sauber und nachvollziehbar mit der Polizei verknüpft. Das ist auch in DIE HERBERGE IM WALD so – und diesmal braucht sie dafür mehr Kunstgriffe als üblich.

Das Setting

Die Autorin hat es von Hanau in den Taunus verschlagen, ihre Hauptdarstellerin Lena auch. Lena soll eine herberge hüten, die einsam tief im Wald des Taunus-Gebirges liegt – und natürlich geht es dort nicht mit rechten Dingen zu. Da wird das Wasser abgedreht, da verschwinden Glühbirnen: Die Hauptdarstellerin macht sich zurecht Sorgen… Und: Es sterben Menschen.

Liebevoll greift Heidi Gebhardt nun mit ein paar Tricks und Kniffen auf die Menschen zurück, die wir schon kennen: Ermittler aus Hanau und auch Tante Frieda, die natürlich ebenfalls noch in Hanau lebt – beide werden so mit der Geschichte verwoben, dass es nicht gekünstelt ist und keinesfalls lächerlich oder an den Haaren herbeigezogen wirkt. Soweit, so gut.

Wie sich die Geschichte entwickelt, ist jedoch in mehrerlei Hinsichten ungewöhnlich für einen Krimi. Im Grunde ist die Handlung ein Rahmenwerk, um zwei Liebesgeschichten miteinander zu verknüpfen. Das muss man schon ein wenig mögen, denn beide Geschichten nehmen viel Raum in der Handlung ein, gleichermaßen haben sie nicht die Wahrhaftigkeit des Krimis selbst oder die Glaubhaftigkeit. Die eine Geschichte ist überzogen, die andere nicht recht nachvollziehbar.

Ganz anders der Krimi als solcher: Mit wenigen Federstrichen zeichnet Gebhardt hier wieder Handlungen, Ereignisse, Personen, die straff und glaubhaft sind, die mit wenigen Worten im Kopf des Lesers entstehen und eine unerwartete Lösung des Falles sehr glaubhaft machen. Das hat Charme, das hat Erzähltempo – davon wollen wir mehr.

Sprache und Spannung

Heidi Gebhardt scheut sich nicht, drollige hessische Worte wie “Fußzeh” zu verwenden, gibt sich aber zum Glück nicht der verzweifelten lokal kolorierten Sprache hin, die viele Autoren von Regionalkrimis verwenden und die am Ende den Leser oft eher behindern. Kurze, sitzende, präzise Sätze zeichnen DIE HERBERGE IM WALD, sind leicht lesbar und auch sonst ist der Stil angenehm leicht und beschwingt. Hier ist nichts schwerfällig, verschachtelt, aufgesetzt, zwangsliterarisiert. Da macht das Lesen Spaß. Leider sind dem Lektorat hier und da fehlende Leerzeichen entgangen.

Vollkommen befremdlich: In einer Szene beschreibt die Autorin die Ich-Erzählerin in der dritten Person – darüber stolpert man beim Lesen doch sehr ernstlich. Ansonsten gilt: Story und Sprache halten Leser bei der Stange – 100 Seiten am Stück zu lesen: Hier ist das kein Stress.

Fazit

In Schulnoten gäbe es eine 1 für den Krimi als solchen von uns – eine 3 für die beiden Liebesgeschichten, die für unseren Geschmack entschieden zu viel Raum einnehmen und ihren Teenager-Charme nicht ablegen können. In Summe: 84 Punkte – wir würden es wieder lesen.