Sven Heuchert: Dunkels Gesetz – Nicht wegen der Story lesen…

Wer Bücher wie BLAU WIE DIE HÖLLE des frühen Philippe Djian mag, wer die Texte von Al Masarik mochte oder vielleicht noch den frühen Richard Brautigan, der wird an diesem Buch von Sven Heuchert Spaß haben. Wer den Kriminalroman sucht, der auf dem Cover versprochen wird, eher nicht.

Das Setting

Es geht um die Outlaws, es geht um die unteren, die davon träumen, dass es ihre Kinder mal besser haben werden. Dass die in diesem Buch hier dann in den Drogenhandel groß einsteigen wollen, ist nur halb nachvollziehbar, wie auch viele weitere Motive in DUNKELS GESETZ. Aber das ist nicht nur okay so, das ist aus unserer Sicht so gewollt.

Wenn man es böse ausdrücken will: Die Story liest sich so, als wäre sie in einem Schreibseminar entstanden. Vorne hat der Kursleiter gesagt „Schreibt mal was im Beat-Stil.“ Und dann hat jemand die Hand gehoben und gefragt „Irgendeine Vorgabe zur Handlung? „Ach – Blödsinn – die Handlung ist doch egal“… und dann wurde es eine „Kriminal“-Handlung. Die jedoch ist, wie gesagt, irrelevant. Es geht um Leute, es geht um Einstellungen, es geht um Dialoge, es geht um Original. Deswegen haben die auch „coole“ Namen wie „Anheuser“ und heißen nicht einfach Horst Schmidt oder Paul Müller. Und natürlich haben sie eine Söldner-Vergangenheit, die vage bleibt, die angerissen wird, gezeichnet, ohne sie auszumalen. Dazu bliebe auf nicht ganz 200 Seiten auch nur wenig Raum.

Sprache und Spannung

Genau: Sprache – um die geht es in dem Buch. Der Stil überlagert die Inhalte. Der jedoch ist wirklich cool. Hier sitzt jedes Wort, ist knapp, ist auf den Punkt. Figuren werden hier nicht durch elegische Beschreibung ihrer Frisur charakterisiert.

Das ist in Teilen schon ziemlich lässig, hier schnitzt ein Profi aus hartem Holz. Auf der anderen Seite wird man natürlich auch das Gefühl nicht ganz los, dass man so etwas doch schon mal gelesen hat – so vor 20, 30, oder 40 Jahren oder so… Das ist auch keine Noir-Geschichte, wie die Marketingstrategen des Verlags sie positionieren – das ist Beat pur (Genre-Nordstern: ON THE ROAD, Jack Kerouac von immerhin 1951 bzw 57). Und auch die Lebenswirklichkeiten wirken hier amerikanischer als die Verpackung samt Opel Rekord C nahelegt.

Spannung kommt jedoch hier eher zum Abzug: Die eigentliche Geschichte darf man nicht suchen – die könnte auch ein kleiner Seitenstrang von 7 PSYCHOS sein oder eine Anekdote in einer ruhigen Szene von Reservoir Dogs. Aber eben auch nicht mehr.

Insofern werden die Krimi-Leser hier dann tatsächlich nicht fündig. Das ist auch keine Literatur, wie man sie mal eben noch schnell vor dem Schlafengehen konsumiert – und auch nicht der Anspruch. Der „Krimi“ ist hier nur Trägermedium.

Fazit

Wir kommen zu einem gespaltenen Fazit: Eine gehobene 2+ für fetzigen Beat-Stil mit Habe-ich-schon-mal-gelesen-Gefahr – eine milde 5 für die Story. Unter Männern: 60 Punkte. Klare Empfehlung: Leseprobe für den Kindle laden und dann entscheiden. Denn fesselnd ist das Buch dennoch.