Palme / Sandstedt: Die Toten einer Nacht – Komplexer Coldcase

Eine Lehrerin und ein Journalist schreiben einen Krimi – das klingt aus der Ferne nicht intuitiv. Was Kristina Palme und Arne Sandstedt in “Die Toten einer Nacht” zusammengebaut haben, ist jedoch ein handfest komplexer Coldcase, der ungewöhnliche Einblicke liefert.

Setting und Story

Im Jahre 1982 verschwinden mehrere Jugendliche, einer stirbt, eine taucht ohne Erinnerung in einem Krankenhaus wieder auf, die anderen verschwinden für immer. Oder?

2001 wird der Fall wieder nach oben gespült und eine junge engagierte Ermittlerin rollt den Coldcase mit einem doppelt so alten Kollegen wieder auf. Angenehm dabei: Wir sehen hier keine Helden. Palme und Sandstedt beschreiben Polizei-Arbeit und begleiten die Ermittler mit all ihren Unzulänglichkeiten. Da gibt es eine Polizistin, die keine vernünftigen Verhöre führen kann, einen Chef, der nicht führen kann… die ganze Palette des realen Lebens. Im zweiten Strang wird die Handlung des Jahres 1982 sehr intensiv aus der Sicht der Beteiligten dargestellt. Und der Teil ist sehr intensiv. Hier kriechen die beiden Autoren immer wieder in die Psyche der Beteiligten, entwickeln eine Geschichte rund um Identitätsdiebstahl, Mord und Totschlag, die insgesamt auf 4 Zeitebenen spielt.

Sprache und Spannung

Es ist beeindruckend, wie es den Autoren gelingt, die zeitebenen so darzustellen, dass man die Sprünge nachvollziehen kann. Nie steht da “Wir befinden uns im Jahre 1986” oder ähnliches – das Setting wird auch so sofort klar.

Sprachlich ist das manchmal ein wenig ausufernd und der Deep Dive in die handelnden Personen mag nicht jedermanns Sache sein. Inhaltlich ist das dennoch spannend und es gibt immer wieder Wendungen, mit denen wir beim Lesen nicht gerechnet haben – mit denen man nicht rechnen kann. Die Dynamik der Figuren untereinander ist ausgeprägt – aber es braucht, bis man die Figuren auf den Handlungsebenen versteht und begreift, wie sich ihre Motive zusammensetzen.

Dennoch: Davon wollen wir mehr.

Fazit

Eine Zeitebene weniger hätte es für unseren Geschmack auch getan – aber dennoch ist das ein spannender Krimi mit tiefen Einblicken und interessanten Figuren. Wir freuen uns auf eine Fortsetzung. 90 Punkte